Fritz-Thyssen-Forschungsprojekt: Das Japanische Palais in Dresden. Porzellanschloss – Staatsmonument – Museum
Mein an Arbeitsumfang wie auch an wissenschaftlicher Faszination bedeutsamstes Projekt während der letzten Jahre war das von der Fritz-Thyssen-Stiftung in Kön finanzierte Forschungsprojekt zum Japanischen Palais in Dresden.
Dieses ehrgeizige wissenschaftliche Vorhaben war hervorgegangen aus meiner Tätitgkeit in der Porzellansammlung Dresden während der Jahre 2001/2002. Meine Aufgabe bestand damals darin, die historischen Inventarbücher der Sammlung zu transkribieren sowie die Wiedereinrichtung der Sammlung in den sanierten Räumen des Zwingers zu unterstützen.
Die zahlreichen, als Reproduktionen in der Sammlung vorliegenden historischen Pläne und Risszeichnungen des Japanischen Palais machten mich neugierig darauf, diese eingehender zu erforschen.
Die beiden damals schon mit dem Japanischen Palais beschäftigen Wissenschaftlerinnen, Dr. Elisabeth Schwarm und Désirée Baur, aber auch Oberkonservatorin Anette Loesch und der Sammlungsleiter, Prof. Dr. Ulrich Pietsch, animierten und unterstützten mich darin, diesen Gedanken zu realisieren.
Das Forschungsprojekt lief schließlich von November 2013 bis Oktober 2016 am Institut für Kunst- und Musikwissenschaften der TU Dresden unter der Leitung von Prof. Dr. Henrik Karge. Dr. Kristina Friedrichs stand mir als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu Seite.
Bei näherer Beschäftigung mit dem Bauwerk wurde immer deutlicher, dass eine intensive architekturgeschichtliche Erforschung des Bauwerks Japanisches Palais – nicht seiner Porzellansammlung, die es einst beherbergen sollte – immer noch ausstand.
Schon ein erster kursorischer Blick auf die originalen Risse ließ deutlich werden, dass hier zahlreiche architektonische Vorbilder sowie die unterschiedlichsten kulturellen Einflüsse und Ideen verarbeitet und miteinander verschmolzen worden waren.
August der Starke hatte das Gebäude als einzigartiges „Porzellanschloss“ für die Präsentation seiner immensen Schätze an ostasiatischen und Meißner Porzellanen bestimmt. Aus dem Holländischen Palais hervorgegangen, war es nach Plänen Pöppelmanns, Longuelunes und De Bodts 1729–38 errichtet, jedoch niemals vollendet worden. Die vordringlichste Aufgabe bestand zunächst darin, die mehr als 300 guterhaltnen und künstlerisch meist sehr hochwertigen Risse und Pläne aus der Entstehungszeit des Palais (1725–38) zu katalogisieren, zu datieren und ihren verschiedenen Entwurfsautoren zuzuweisen.
Nicht allein der komplizierte Planungs- und Bauverlauf des Gebäudes, sondern die Vielzahl der darin verarbeiteten Vorbilder sowie die darin enthaltenen kulturhistorischen Implikationen erschlossen sich auf diese Weise erstmals. Neben dem berühmten spanischen Escorial hatte man auf den Pariser Louvre zurückgegriffen, ebenso wie auf das Berliner und das Stockholmer Schloss und die Schlösser von Versailles, Oranienburg und Charlottenburg.
Im Siebenjährigen Krieg teilweise zerstört, wurde das Palais 1783 als Monument des sächsischen Staates wiederaufgebaut – es beherbergte nun die Antikensammlung und die Kurfürstliche Bibliothek. Die Neuausmalung der Antikensäle durch Gottfried Semper 1835/36 stellte schließlich die letzte gestalterische Veränderung von Bedeutung des Bauwerks dar.
Auch für diese beiden bedeutenden Epochen waren zahlreiche bauzeitliche Pläne, sowie Farbfotografien aus der Zeit vor 1945 vorhanden, die erstmals zu katalogisieren und eingehend kunsthistorisch auszuwerten waren.
Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts sollten Computervisualisierungen der Gartenanlagen (v. a. des Holländischen Palais) sowie der niemals vollständig ausgeführten Innenräume des Japanischen Palais darstellen.
Die Animationen wurden in gewohnt großer Qualität von Andreas Hummel / Büro arte4D, Dresden erstellt.
Dabei verzichteten wir bewusst auf eine letzte Ausdetaillierung der Darstellungen und beschränkten uns auf eine kolorierte, dreidimensionale Darstellung der vorhandenen Pläne. Selbst die so erzielten Ergebnisse waren äußerst beeindruckend.
Im Oktober 2015 veranstalteten wir schließlich eine große wissenschaftliche Fachtagung, auf der wir unsere bisherigen Ergebnisse erstmals der Öffentlichkeit vorstellten. Es war schön, dass es uns gelang, das Japanische Palais selbst als Veranstaltungsort zu gewinnen.
Vorträge von weiteren Dresdner und auswärtigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ergänzten und vervollständigten dabei unsere eigenen Ausführungen. Es war für die weitere Arbeit sehr motivierend zu erleben, dass die zahlreich erschienen Gäste und Zuhörer am Ende auch unsere Erkenntnisse bestätigen konnten.
Mit großer finanzieller Unterstützung der Fritz-Thyssen-Stiftung und des Deutschen Kunstvereins gelang uns schließlich am 4. Dezember 2019 die monumentale Publikation „Das Japanische Palais in Dresden. Porzellanschloss – Staatsmonument – Museum“ im Michael-Imhof-Verlag zu realisieren.
Das Werk umfasst insgesamt 736 Seiten und 906 meist farbige Abbildungen.
ISBN 978-3-7319-0795-4
Preis: € 99,–
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